Casa Museo dell'Alta Valle del Cervo
Handwerkstradition Die frauen Schulen und einrichtungen
 
 

Auf den Fotos, von oben:
• Werkzeugkasten aus Holz und Werkzeug zur Steinbearbeitung
• Steinmetz bei der Arbeit im Steinbruch, Balma (50er Jahre)

Das Naturvorkommen Stein: Steinmetze und Maurer ziehen in die Welt

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Steinmetz und Maurer, diese Berufe galten seit der Besiedelung als Alternative zum Hüten von Vieh im Obertal auf Grund des Vorkommens von Syenit, einem hochwertigen Granit, und dem Einsatz als Baumaterial. Um genug Geld für die Familie zu verdienen, was im Obertal mit dem vorherrschenden Klima und der Ertragsarmut des Bodens nicht möglich war, wanderten viele von den gelernten Steinmetzen aus. Einerseits stiegen so die sozialen Kosten, andererseits wurden weniger Lebensmittel benötigt. Außerdem konnten die Männer der hochqualifizierten Arbeit wegen Familie und Verwandten vom Ausland aus unterstützen.

Schriftlich überliefert ist, dass bei dem Bau des Mailänder Doms (16. Jh.) aus dem Obertal stammende Maurermeister beteiligt waren. Im 18. Jh. trugen die Männer des Oberen Cervo-Tals zu der Errichtung von Befestigungen, Infrastruktur, Straßen, Eisenbahntrassen in Piemont und im nahen Frankreich bei. In der zweiten Hälfte des 19. Jh. dagegen mussten die Emigranten eine lange und teure Überfahrt (nach Amerika) in Kauf nehmen. Durch Aufschlüsse und Findlinge war man im Tal auf Syenit gestoßen, nutzte und bearbeitete den Stein. Erst ab 1830 gab es einen Abbau in Steinbrüchen. Zu Beginn des 20. Jh. wurde die Bahnlinie Biella - Balma fertig (1958 wieder eingestellt). Deswegen wurden vermehrt Granitfertigteile ins Ausland exportiert. Die Zahl der beschäftigten Fachkräfte stieg auf über zweihundert.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Steinbrüche wegen der Schwierigkeiten beim Abbau und der beschwerlichen Zufahrt zum Obertal nach und nach geschlossen. Das Gestein ist jedoch das dominierende Baumaterial im Tal geblieben, bei Wohnhäusern, Brücken, Befestigungsmauern, Terrassierung, Straßenpflaster und sogar bei Abwasserleitungen.

 

Auf dem Foto, von oben:
• "crava", Traggerät für den Rücken und den Transport von Steinplatten, Tragriemen aus gedrehten Birkenzweigen
• Wiege
• gestickter Fotorahmen mit Erinnerungsfoto
• "fusera", dreieckiger Halter für Spindeln

Starke und von der Arbeit ausgemergelte Frauen, unerschütterlich und geduldig

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Die Frau war Oberhaupt des Haushalts im Oberen Cervo-Tal. Da die meisten männlichen Familienmitglieder emigriert waren, musste sie eine Doppelrolle (Aufziehen der Kinder und Arbeiten auf dem Hof) übernehmen, damit genug Geld für außergewöhnliche Ausgaben, wie Instandhaltung vom Hof, Kauf einer Weide etc., übrig blieb. Die Frau hatte auch zu entscheiden, wenn es um Angelegenheiten der daheim gebliebenen Familie und Verwandten ging.

Nach der Schulzeit musste ein Mädchen verschiedenste Tätigkeiten erlernen: Haushaltsführung, Kindererziehung, Altenbetreuung, landwirtschaftliche Arbeiten, Hüten der Tiere auf Hof und Alm. Besonders schwer war die Arbeit der Siunera, sie schnitt an den steilsten Hängen das saftige Gras, um dann den schwer beladenen Tragekorb nach unten ins Dorf zu bringen. Andere beschwerliche Aufgaben der Siunera waren der Transport der Dachplatten oder –balken für die Berghütten, das Aufsammeln der Steine von den Weiden, die Pflege der Wege, Gräben und Kanäle, das Düngen der Weiden, um viel und gutes Heu im Spätsommer einholen zu können.

Wie arm die Frauen im Tal waren, beweist die Aussteuer. In Dokumenten mit Stempelmarke und Unterschrift beider Familien wurden im Detail die ärmlichen Kleidungsstücke und die wenigen Gebrauchsgegenstände detailliert mit ihrem Wert aufgelistet, die die Familie der jungen Frau mit in die Ehe gab. Ihr standen aber meistens kein Recht auf einen Pflichtteil oder andere Erbrechte zu.

 

Auf den Fotos, von oben:
• Feder und Holzkasten
• Protokollbuch der Arbeiterwohlfahrt von Campiglia Cervo
• Stempel und Abzeichen der Arbeiterwohlfahrt von Rosazza

Berufsfachschulen und Arbeiterwohlfahrt, Einrichtungen mit Tradition

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In den Jahren 1862 (Campiglia Cervo) und 1869 (Rosazza) wurden zwei Fachschulen für Bautechnik eröffnet. Über ein Jahrhundert erhielten dort Jugendliche ihre technische Ausbildung. Ihr Fachwissen aber auch ihre Anpassungsfähigkeit an schwierige Verhältnisse (oder Sprachen) in fremden Ländern waren überall auf der Welt geschätzt.

Die Gründung dieser Schulen erfolgte in einer Zeit des Wachstums und der Entwicklung des Oberen Tals. Obwohl dank der an den Schulen ausgebildeten Fachkräfte die Finanzen vieler Familien im Tal aufgebessert wurden, war die gute Ausbildung auch für die Abwanderung aus dem Tal verantwortlich. In einem Haushalt mit einem guten Einkommen brauchte die Frau sich nicht mehr um Vieh und Hof zu kümmern, brauchte nicht mehr Selbstversorgerin zu sein, ohne vom Lohn des emigrierten Mannes abhängig zu sein. Daheim zu bleiben war nicht mehr unbedingt nötig, die Frau begleitete den Ehemann bei der Arbeitsmigration. Zurück ins Tal kamen sie immer seltener. In den letzten hundertzwanzig Jahren ist die Einwohnerzahl im Oberen Cervo-Tal von 6.500 auf 800 gesunken.

Zur Zeit der Eröffnung der Berufsfachschulen entstanden auch die Ortsvereine der Arbeiterwohlfahrt in Campiglia Cervo, Rosazza und Piedicavallo. Die Mitglieder hatten alle die gleichen Rechte, und Brüderlichkeit sowie soziales Engagement kennzeichneten die Vereine. Ein weiteres Ziel bestand darin, das im Industriezeitalter entstandene System der Preisspekulation zu umgehen, damit jeder Arbeiter die lebensnotwendigen Nahrungsmittel zu einem günstigen Preis erstehen konnte.

 
 
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